Faires Handeln im Schussental

Für ein faires Miteinander

vom 15. Jul 2021
Autor: Stefan Blank
Fotos: Stefan Blank
© Stefan Blank
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Der sri-lankische Teefarmer Abeyrathna kann sich freuen: Er erhält dank des Fairen Handels einen ordentlichen Preis für seine Bio-Erzeugnisse. Dass es ihm und seiner Familie gut geht, dafür sorgen Fair-Trade-Kooperativen wie die WeltPartner eG in Ravensburg. Ein Besuch bei einem der größten Fair-Trade-Importeure in Deutschland.

Auf der Teeinsel Sri Lanka gibt es neben den großen Plantagen mehr als 3.800 Farmer*innen, die eigene kleine Tee- und Gewürzgärten bewirtschaften und für ihre bio-zertifizierten Erzeugnisse dank des Fairen Handels eine gute Bezahlung erhalten. So landet beispielsweise Abeyrathnas köstlicher Tee als „Schwarztee Ceylon BOP, kräftig und vollmundig aus Sri Lanka“ erst im Lager der WeltPartner eG, um später an die 900 Weltläden in Deutschland sowie den Groß- und Naturkost-Einzelhandel geliefert zu werden.

Tee und Kakao, Zucker und Säfte, Gewürze, Kräuter und Schokolade gelten als die klassischen Produkte des Fairen Handels. Sie kommen aus den Ländern des Globalen Südens wie Indien, Mexiko, Sri Lanka oder Burundi. Der Faire Handel ist ein gutes Geschäft für alle Beteiligten: 2019 gaben deutsche Verbraucher*innen 1,85 Milliarden Euro für Produkte aus Fairem Handel aus, im Durchschnitt 22,23 Euro pro Kopf. In den letzten sieben Jahre hat sich der Umsatz im Fairen Handel fast verdreifacht. Weltweit profitieren mehr als 1,7 Millionen Produzent*innen und Arbeitskräfte vom Fairen Handel. So können sie unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten und ihre Kinder in die Schule schicken.

60 Kooperativen aus 40 Ländern beliefern
die WeltPartner eG mit Fairhandelsprodukten.
 

„Rund 50.000 Familien weltweit profitieren von der Zusammenarbeit mit uns“, sagt Thomas Hoyer und holt den Fairen Handel von der weltweiten Ebene nach Ravensburg, „dahinter stecken nicht weniger als 350.000 Menschen.“ Hoyer ist Vorstand der WeltPartner eG – einer Genossenschaft, die sich seit 1988 dem fairen Handeln verschrieben hat. Bei einem Rundgang durch das 2020 eröffnete Betriebsgebäude der WeltPartner eG in Ravensburg-Erlen treffen wir ihn und mit Oury Diallo, Jules César Bimi, Yousouf Soumaoro und Suman Gollob auch drei Auszubildende und den Lagerleiter. Fünf von 47 Menschen aus der ganzen Welt, die die WeltPartner eG beschäftigt. Zählt man den dazugehörigen Weltladen in Ravensburg mit, dann beschäftigt das Haus 57 Mitarbeiter*innen. Hoyer hat noch ein paar Zahlen mehr auf Lager: „Wir vertreiben 1.550 Produkte, 1.000 Non-Food und 550 Lebensmittel. 93 Prozent davon in Bioqualität.“ Die Produkte werden in 40 Ländern von 60 Kooperationen und Genossenschaften unter fairen Bedingungen angebaut, gehegt und gepflegt und zu fairen Preisen von WeltPartner gekauft. Rund elf Millionen Euro Umsatz macht das Unternehmen, 2019 blieben als Gewinn 85.000 Euro. „Geld, das wir sofort wieder investieren“, sagt Hoyer. Beispielsweise in Burundi.
Im Lager der WeltPartner eG sind 16 Menschen aus vielen Ländern der Welt beschäftigt. © Anja Köhler
Burundi liegt in Ostafrika, hat rund 11,5 Millionen Einwohner*innen und ist eines der Länder mit dem niedrigsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf weltweit. „Hier unterstützen wir in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg bisher 18 Fairhandelskooperativen, teilweise auch bei der Umstellung auf Bioanbau. Als beispielhaftes Selbstversorgermodell, das 7.500 Menschen in Burundi erreicht. Das leisten wir uns.“ Eine Win-win-Partnerschaft, die von Philipp Keil, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ), gelobt wird: „Wir schätzen unsere Partnerschaft mit WeltPartner sehr, denn uns verbindet das gemeinsame Interesse für Fairen Handel und globale Zusammenhänge. Was hat der Kaffee, den ich im Schussental in meine Tasse gieße, mit dem Kaffeeanbau und den Lebensbedingungen in Burundi zu tun? Von Themen wie Klimagerechtigkeit bis hin zu fairen Handelsbeziehungen sind es genau diese Verbindungen, die wir durch unsere Arbeit aufzeigen wollen.“

„So werden von Ravensburg aus Impulse für die ganze Welt gesetzt.“ 

Thomas Hoyer,
Vorstand der WeltPartner eG

Thomas Hoyer und sein Team beschäftigen sich täglich mit den Themen Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit. © Anja Köhler

Die Fair Trade-Produkte sind bei WeltPartner auf 2.600 Quadratmetern Lagerfläche untergebracht, die von Lagerleiter Suman Gollob gemanagt werden. Gollob ist 37, verheiratet, hat einen Sohn und stammt aus Sri Lanka. 1986 floh sein Vater vor Bürgerkrieg und Armut nach Deutschland, Suman folgte 1991. 2006 begann er seine Karriere als Praktikant bei WeltPartner, damals noch dwp eG. Es gefiel ihm so gut, dass er hier eine Ausbildung als Lagerist machte, dann Fachkraft für Lagerlogistik wurde und im November 2020 Lagerleiter. Heute ist er für 15 Mitarbeiter*innen verantwortlich und im wahrsten Sinne angekommen: „Das ist genau das, was ich immer machen wollte. Ich mag unsere Produkte, ich mag die Leute hier und wir sind alle nett. Das muss auch so sein, schließlich heißt faires Handeln auch fair sein.“ Für ihn ist es nur konsequent, dass WeltPartner mit der Bruderhaus Diakonie Ravensburg, einer Werkstatt für Menschen mit psychischen Erkrankungen, zusammenarbeitet sowie mit Geflüchteten wie Oury Diallo, Jules César Bimi oder Yousouf Soumaoro.
Lagerleiter Suman Gollob sorgt gemeinsam mit seinen Leuten dafür, dass die 2.500 Palettenplätze im Lager gut ausgenutzt werden. Immerhin geht es darum, 1.550 Produkte unterzubringen. © Anja Köhler
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Wir schaffen also in Ravensburg sichere und faire Arbeitsplätze“, sagt Hoyer. Eines der Ziele der WeltPartner eG ist es, den Landkreis Ravensburg zu einem Fair-Trade-Landkreis zu machen. Bei dem Konzept geht es darum, in den Landkreisen mehr Bewusstsein für einen fairen und moralisch unbedenklichen Konsum zu schaffen und gezielt ein Zeichen für gerechte Handelsbedingungen in den Kommunen zu setzen. „Faire Städte, Schulen und Landkreise stehen ein für faire Produktionsbedingungen in den Ländern des Globalen Südens und für das Thema vor Ort. So werden von Ravensburg aus Impulse für die ganze Welt gesetzt.“

Suman Gollob 

Lagerleiter Bei der weltpartner EG
Wurde in Sri Lanka geboren und lebt seit 1991 in Deutschland. 2006 fing er bei WeltPartner als Praktikant an, 2020 wurde er zum Lagerleiter befördert.
Zeichen setzen kann aber auch jede und jeder Einzelne, nämlich dann, wenn sie oder er sich bewusst Gedanken über die Herkunft der Produkte macht, die tagtäglich konsumiert werden. Es ist ein bisschen wie beim Klimawandel, nur wenn wir alle unsere Rolle wahrnehmen, können wir langfristig etwas verändern – miteinander.
Making of #meinschussental – Weltpartner Ravensburg © Don Ailinger

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