„Einmal Mehlsack, immer Mehlsack! Aber fangen wir von vorne an: 1984 waren wir ein cooler Trommler-Jahrgang an der Realschule, mit einem mega Zusammenhalt. Nach dem Abschluss wollten wir unbedingt weiter Teil des Rutenfests sein. Also dachten wir: Komm, wir machen was Eigenes. Wir haben uns mit Taschengeld Plexiglas-Trommeln gebastelt, unsere Mütter haben wilde Kostüme genäht – und dann sind wir einfach mitmarschiert. Ohne zu fragen. Klang mehr nach brasilianischer Fasnet, aber die Leute fanden’s geil. Nur die Rutenfest-Kommission weniger – es fehlte die historische Bedeutung. Die wollten uns als Minnesänger. Keine Chance! Wir haben recherchiert und die Sackpfeife entdeckt – also: Dudelsack. Zwei Jahre haben wir Unterricht genommen – und parallel einen rechtlich hasenreinen Verein gegründet. Dann traten wir 1988 zum ersten Mal mit Dudelsäcken, Häs und offizieller Erlaubnis auf. Unser Häs, das Leinenzeug mit dem Leible, stammt übrigens aus einem Bruegel-Gemälde – „die Bauernhochzeit“. Der Dudelsackspieler auf dem Bild trägt unser Kostüm – oder halt andersrum. Seitdem ist der Verein unser Weg, die Freundschaft zu pflegen. Heute sind wir großteils noch dieselben wie vor 40 Jahren. Wie die Rolling Stones, nur mit Dudelsack. Inzwischen gibt’s auch Nachwuchs aus den eigenen Reihen. Wir sind gegenseitig Taufpaten, Trauzeugen, Hausbau-Kollegen – quasi eine Kommune.
30 Mitglieder sind wir aktuell. Unser Vereinsheim ist wie ein zweites Zuhause – mit Pizzaofen, Beamer, Tischkicker und allem Drum und Dran. Es gibt viele Gerüchte, dass man nicht einfach als Neuzugang bei uns reinkommt – stimmt so nicht. Aber klar: Man sollte schon fest im Leben stehen, in der Region verankert sein. Und bereit, Trommel oder Dudelsack zu lernen. Wir sind ein Männerklub – nicht aus Prinzip, hat sich halt so ergeben. Wichtig: Wir nehmen uns nicht zu ernst. Aber wenn wir was machen, dann zu 100 Prozent. Konzerte in der Stadtkirche, Benefizaktionen – und natürlich: unser Rutenfest! Gespielt wird auf der Great Highland Bagpipe aus Schottland. Bestellen wir dort, Karo-Muster kommt weg. Wir machen eigene Arrangements – mal schottisch, mal deutsch, mal mittelalterlich. Immer mit Humor. Unsere CD heißt übrigens: „Mehlsäcke Forever“. Könnte auch unser Lebensmotto sein. Das Jubiläum dieses Jahr ist uns wichtig – aber wir schauen lieber nach vorn. Nächstes Ziel: Hamburg. Da lebt ein alter Ravensburger, den wir besuchen. Und dann gibt’s da noch das ‚Ruten raus‘. Haben wir erfunden. Eine Woche vor dem Rutenfest treffen sich alle Gruppen – erste Rutenmaß, erste Marschprobe. Wir kümmern uns um die Verpflegung. Während des Rutenfests schlafen wir im Bärengarten. Am Freitag Auftakt, Bachstraße, Gottesdienst am Sonntag. Und zwischendrin spielen wir in den Gärten – aber gemütlich. Ohne Stress. Dafür mit viel Musik, Geschichten und Gelächter.“