„Mein Künstlerinnenname ist Jurassicgiogio und ich bin Tätowiererin, Zeichnerin und Unruhestifterin. Ich engagiere mich seit meiner Jugend und soweit es meine Zeit erlaubt feministisch-politisch, bin auf Demos gegen Faschismus, zum Klimawandel oder Gendergewalt zu finden und versuche mit jedem Atemzug, gegen das Patriarchat zu revoltieren. Geboren wurde ich in Mailand und schon früh haben mir meine Eltern beigebracht, einen kritischen Blick auf Institutionen wie die Kirche zu haben. Da denke ich, dass Kirchen für alle Menschen als Zuflucht offen sein müssten – unabhängig von Religion und Herkunft. Ich habe mich für Kunstgeschichte interessiert, wo man an Kirchen nicht vorbeikommt, und bin dann beim Design gelandet. Bis heute zeichne ich und habe in vielen Jahren Ausbildung einen eigenen Stil als Tätowiererin entwickelt. Immerhin ist das Tätowieren eine der ältesten Kunstformen, die die Menschheit kennt. Und mich begeistert es, damit ein Statement abzugeben. Ich mag alles, was alt, bröckelig und ein bisschen schmutzig ist. Daher nenne ich meinen Stil ‚neurotischer Realismus‘.
Zum heutigen Realismus gehört, dass Frauenrechte immer noch viel zu wenig durchgesetzt werden. Frauen und Kinder haben oft nicht die finanziellen Möglichkeiten, aus gewaltvollen Situationen herauszukommen und auch nicht den Raum dazu. Hier müssen wir etwas tun. Ich wünschte mir, ich könnte jede Nacht unterwegs sein, mit dem Frauennotruf herumfahren und Frauen abholen. Aber das geht als selbstständige Unternehmerin mit zwei Kindern kaum. Also habe ich mir 2014 die ‚Soli-Walk-In-Days‘ ausgedacht. Das heißt: Solidarisch sein, reinkommen ins Tattoostudio und loslegen. Die Idee ist, dass Interessierte entweder einen Tattoo-Entwurf mitbringen, ein fertiges Tattoo aus meinem Fundus nehmen oder eine Kugel ziehen aus dem umfunktionierten Kaugummiautomat, in der ein Motiv beschrieben ist. Dann tätowiere ich ununterbrochen einen Tag lang. Und alles, was an Geld reinkommt, spende ich. Damit erreiche ich aufgeschlossene Menschen, mit denen ich über Feminismus spreche und die dann als Multiplikator wieder gehen. Und wenn dann Menschen bei sexistischen Sprüchen nicht mehr weghören, sondern eingreifen, dann haben wir einiges erreicht.“
Wir lieben Vielfalt!