Eine heiße Dusche, warmes Wasser aus der Waschmaschine, das dampfend heiße Nudelwasser oder industrielle Abwässer – diese Wärmequellen stehen oft nicht im Fokus der Wärmeversorgung und bleiben deshalb ungenutzt. Im meist unterirdisch verlaufenden Kanal behält das Abwasser aber selbst in den kalten Monaten eine höhere Durchschnittstemperatur als die Außenluft, sodass eine Wärmepumpe hier effizienter betrieben werden kann als eine Luft-Wärmepumpe.
Für den kommunalen Wärmeplan in Ravensburg und Umgebung wurden der mögliche Wärmebedarf und verfügbare Wärmepotenziale untersucht. Damit bis 2040 Treibhausgasneutralität erreicht werden kann, stehen vor allem erneuerbare Energiequellen im Fokus der TWS – die Abwärme ist eine davon. „Wir haben bei der TWS ein Projekt gestartet und das Abwasser in mehreren Kanälen untersucht, um die Potenziale zu ermitteln. Speziell ein Hauptsammler, der die Zusammenflüsse aus dem Großraum Schussental zusammenführt, stellt ein großes Wärmepotenzial dar“, berichtet Jannis Schey, Projektmanager Wärmeversorgung der TWS. Berücksichtigt wurden dafür Temperaturdaten, die Strömungsgeschwindigkeit, der Pegel im Kanal und der Volumenstrom des Abwassers. Auch der Weg zwischen dem potenziell geplanten Wärmetauscher und der Kläranlage wäre mit rund 2,5 Kilometern weit genug. Das ist wichtig, damit es zu keiner Beeinflussung im Regelbetrieb des Kläranlagenbetreibers kommt.
Abnehmer für die Wärme
Ursprünglich war das Projekt für die nachhaltige Wärmeversorgung der Grundschule Weißenau geplant: Die Schule hat Wärmebedarf, liegt günstig in der Nähe des Abwasserkanals und muss alte Gaskessel gegen eine andere Wärmelösung austauschen. Für das Projekt arbeitet die TWS mit der Stadt Ravensburg zusammen, plant die Nutzung des Abwasserkanals und die Durchführung des Projektes. Ein möglicher Standort für die neue Heizzentrale wäre in nächster Nähe der Schule denkbar. Weil das Abwasser ein großes Wärmepotenzial hat, geht die TWS auf größere Betriebe im Umfeld des Kanals zu: „Auch das ZfP Südwürttemberg in Weißenau ist sehr offen für die Nutzung dieser umweltfreundlichen Lösung“, bestätigt Schey. „Und entlang der Wärmetrasse könnten weitere Abnehmer:innen integriert werden, sodass auch die Menschen in Weißenau von der klimaneutralen Wärme profitieren könnten.“
So geht es jetzt weiter
In einem ersten Schritt ist die TWS derzeit mit dem ZfP in Abstimmung, um die Wärme aus Abwasser gemeinsam zu projektieren. „Dabei soll als nächster Projektschritt im Rahmen der BEW-Förderung, also der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze, eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, mit der die Dimensionierung des Wärmenetzes und der Wärmeerzeugung untersucht wird“, erklärt der Projektmanager. Wenn alles wie geplant läuft, könnte bereits Anfang 2028 Wärme aus dem Abwasser an die Grundschule, das ZfP und andere Nutzer:innen fließen.
Wärme aus Abwasser – so geht´s
• Je nach Zusammensetzung und Außentemperatur hat Abwasser eine bestimmte Temperatur. Diese Temperatur ist gerade im Winter durchschnittlich höher als die Außentemperatur.
• Um dem Abwasser Wärme zu entziehen, werden im Abwasserkanal Wärmetauscher verlegt. Durch diese Wärmetauscher fließt Sole, eine glykolhaltige Wasserlösung, die als Wärmeträger dient.
• In der Heizzentrale wird die Wärme vom Solekreislauf über eine Wärmepumpe auf den Heizungswasserkreislauf übertragen und auf ein höheres Temperaturniveau gebracht.
• Die abgekühlte Sole fließt in einem geschlossenen Kreislauf zurück in den Wärmetauscher.
• Die über die Wärmepumpe übertragene Temperatur versorgt das angeschlossene Wärmenetz.
• Wärmeübergabestationen in den Gebäuden übertragen bei Bedarf die Wärme an den jeweiligen Heizkreislauf.
