Die TWS bringt mit einem Expertenteam im Mobilitätsbereich in engem Schulterschluss mit den beiden Städten und Umlandgemeinden innovative Verkehrskonzepte voran.
Jenny Jungnitz ist Expertin für Mobilität bei der TWS. Sie konzipiert in einem Team die vernetzte Mobilitätsstrategie für das Schussental und setzt sie um. Mark Morrison ist Zukunftsforscher, sein Schwerpunkt die Mobilität der Zukunft. Die beiden blicken aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema – und doch ähnelt sich ihre Vorstellung, wie wir uns morgen fortbewegen werden: Sie arbeiten in unterschiedlicher Weise daran mit, dass wir schon in wenigen Jahren intelligent vernetzt und stressfrei pünktlich dorthin kommen, wo wir hinwollen. Ohne dass wir uns um Verbindungen kümmern und Tickets buchen müssen. Ohne dass wir unser Auto tanken, uns durch verstopfte Straßen kämpfen und einen Parkplatz suchen müssen. Über eine App geben wir dann am Smartphone einfach unseren Standort, unser Ziel und unsere Ankunftszeit ein sowie unsere persönlichen Umstände, beispielsweise Gepäck oder eingeschränkte Beweglichkeit. Die App stellt uns die beste Verbindung von Tür zu Tür zusammen, organisiert die Fahrt und bucht den entsprechenden Betrag gleich von unserem Mobilitätskonto ab. Niemand braucht sich mehr Gedanken zu machen, ob wir besser das Auto, die Bahn, den Bus oder Flieger nehmen – und auf welcher Strecke was. Das wird komplett von der App gemanagt, unter Beachtung geringstmöglicher Belastung des Klimas. Die Verbindungen sind zuverlässig, die Fahrzeuge pünktlich verfügbar. Für solche Zukunftssysteme laufen die Entwicklungen auf Hochtouren. Die TWS ist ganz vorne mit dabei.
„Man muss für ein Thema brennen.
Sonst kriegt man es nicht transportiert.“
Geschäftsfeldentwicklung Mobilitätskonzepte
Mark Morrison, der die vergangenen sechs Jahre als Consultant in einem renommierten Thinktank für Trend- und Zukunftsforschung in Wien und Frankfurt am Main tätig war, sieht in der Verliebtheit der Deutschen in ihr Auto und im Mangel an komfortablen und effizient vernetzten Mobilitätsalternativen die größten Hemmnisse für zukunftsweisende klimaschonende Mobilitätskonzepte: „Wir brauchen eine Vollvernetzung aller Verkehrsmittel und einen umfassenden Auf- und Ausbau von komfortablen und effektiven Alternativen zum Pkw sowie eine schrittweise Einschränkung des Individualverkehrs, denn nur dann können wir eine Kapazitätsplanung für die Zukunft überhaupt durchführen und dem Verkehrskollaps entgehen“, sagt der Zukunftsforscher. Und ergänzt: „Von Aspekten der dringend erforderlichen Luftverbesserung in Städten und des Klimaschutzes mal ganz abgesehen.“ Neben der Vollvernetzung propagiert er eine Dekarbonisierung der Fahrzeuge – also weg vom Verbrennungsmotor – und eine intelligente Entschleunigung der Beschleunigung. Letzteres würde zu mehr Lebensqualität, höherer Effektivität durch engere Taktung und zu weniger bremsenden Faktoren im Verkehrsfluss führen, ein heißes Thema im Autoland Deutschland.
„Wir brauchen eine Vollvernetzung aller Verkehrsmittel und einen umfassenden Auf- und Ausbau von komfortablen und effektiven Alternativen…“
30 Tsd. Menschen pendeln täglich aus dem Umland nach Ravensburg und Weingarten.
Ein persönliches Mobilitätskonto gekoppelt mit einem vernetzten und komfortablen öffentlichen Nahverkehr und einer intelligenten Buchungs-App könnte den Besitz eines eigenen Fahrzeugs nach und nach ersetzen. Mark Morrison ist sich ziemlich sicher, dass dieser Systemwandel kommen wird: „Der Klimawandel, die Zunahme der Luftverschmutzung in Städten sowie die bereits heutige Überlastung der Straßen und Mangel an Parkmöglichkeiten machen einen schnellen Wandel erforderlich.“
Die Digitalisierung mit ihrem zentralen Hebel der Vernetzung ermöglicht diese Veränderung. Hinzu kommt ein gesteigertes Umweltbewusstsein der Bevölkerung. „Ein umweltschädliches Verhalten wird bereits heute immer weniger von der Gesellschaft toleriert, das bringt auch unser Mobilitätssystem und die Politik immer mehr unter Druck“, betont der Zukunftsforscher. Man könne und solle Individualverkehr jedoch nicht verbieten, zumal er in ländlichen Regionen und für mobilitätseingeschränkte Menschen derzeit noch immer ziemlich alternativlos sei. Eine Schaffung komfortabler Alternativen sei Voraussetzung, um auch auf dem Land den Individualverkehr sukzessive unattraktiver zu machen.
20 Tsd. Menschen werden durch Zuzug bis 2028 die Einwohnerzahl merklich erhöhen.
© shutterstock
Der Zukunftsforscher ist überzeugt davon, dass Mobilität im Jahre 2040 sicherer, umweltschonender, in vielen Fällen autonom, digital vernetzt und shared – also geteilt – sein wird. Fahrzeuge werden sich immer mehr zu IT- und Softwareplattformen entwickeln: So werden sowohl die Infrastruktur mit einzelnen Fahrzeugen als auch die Fahrzeuge untereinander kommunizieren, um so den Verkehrsfluss zu steuern und Unfälle gegen null gehen zu lassen. Selbstfahrende Elektro- und Wasserstofftaxis werden zumindest in der Stadt die Regel sein und Car- sowie Ridesharing selbstverständlich. „Wir werden für diesen hohen Komfort, größtmögliche Sicherheit und verlässliche Terminierung jedoch die persönliche Freiheit opfern müssen, jederzeit direkt vor der Haustür in unser Auto einsteigen und ganz allein woanders hinfahren zu können“, erklärt er. Das werde nicht ganz ohne gesetzgeberische Rahmensetzung gehen. Motivierend könnten für den Beginn des Wandels sein: preisgünstiger Nahverkehr, eine komfortable Taktung von Bussen und Bahnen mit einer extrem guten Verzahnung, bequeme Umsteigemöglichkeiten, massiv eingeschränkter und teurer Parkraum in Innenstädten, große Park-and-ride-Hubs an Stadtgrenzen, Vorrang für Radverkehr, Sperrung von Durchfahrten durch Wohnquartiere, Tempolimits.
„Jede Stadt, jede Region muss ihr eigenes passendes Mobilitätsmosaik bauen“, erläutert er. Es brauche mehr Mut und mehr Bürgerpartizipation, um zu guten, nachhaltigen Lösungen zu kommen. „Wir müssen Konzepte einfach ausprobieren und aus den Ergebnissen lernen“, sagt Mark Morrison. „Deutschland ist jedoch extrem vorsichtig, bürokratisch überladen und neigt dazu, zuerst alle Risiken und Bedenken abzuwägen. Dadurch kommen wir sehr langsam ins Tun.“ Das findet er deshalb so schade, weil es viele gute Ansätze und Konzepte gibt – von Hochschulen, der Industrie, Energieunternehmen wie der TWS –, die teilweise sogar von der Bundesregierung für ihren Innovationswert ausgezeichnet worden sind.
Örtliche Akteure
Was im Schussental in Sachen Mobilität entwickelt wird, findet der Zukunftsforscher ein zukunftsweisendes Modell auf dem Weg zu einem vollvernetzten, intelligenten und nachhaltigen Mobilitätssystem: „Hier nehmen örtliche Akteure das Heft des Handelns selbst in die Hand und sind überzeugt, dass sie es auch aus eigener Kraft hinkriegen.“ Jenny Jungnitz zum Beispiel entwickelt in einem Team bei der TWS das neue Geschäftsfeld Mobilitätskonzepte, gemeinsam mit Partnern aus der Region und Vertretern der Kommunen. So hat das Unternehmen beispielsweise bereits einen Elektrofahrradverleih auf die Beine gestellt, die Infrastruktur für das Laden von Elektrofahrzeugen aufgebaut und am Bahnhof Ravensburg mit Partnern ein diebstahlsicheres Parkhaus für Fahrräder realisiert; parallel dazu betreibt das Energieunternehmen nach wie vor öffentliche Gastankstellen. „Auch haben wir ein Carsharing-Netz für das Schussental entwickelt und setzen betriebliche Mobilitätskonzepte in Unternehmen und Stadtverwaltungen hin zu einer gemeinschaftlichen Mobilitätsnutzung um“, erklärt sie. „Außerdem vernetzen wir alle Mobilitätsbausteine fachlich sowie in der Abwicklung und Abrechnung.“ Mobilitätskonzepte aus urbanen Zentren ließen sich nicht 1:1 auf das überwiegend ländlich geprägte Schussental übertragen, es brauche eigene Ansätze, die dem Bedarf der Menschen in der Region entsprechen. Im Schussental spiele der Bus eine ganz große Rolle.
1,3 Mio. öffentliche Fördermittel sind bereits bewilligt.
Wachsende Plattform
Inzwischen hat die TWS auch ein Portal entwickelt, in dem alle Bausteine für Mobilität integriert und vernetzt sein sollen. „Das Fahrradverleihsystem war von Anfang an Teil der Plattform“, informiert Jenny Jungnitz, „und als Nächstes sollen der betriebliche Fuhrpark der TWS sowie der Stadtverwaltungen Ravensburg und Weingarten in die Plattform aufgenommen werden, ebenso Carsharing-Lösungen und der ÖPNV.“ In weiteren Schritten können Parkhäuser und Ladepunkte hinzukommen. Gearbeitet wird an einem Konzept mit Buchungs- und Abrechnungssystem. Es soll so nutzerfreundlich sein, dass alles einfach mit wenigen Klicks erledigt ist. „Wir werden dort Modelle für verschiedene Zielgruppen hinterlegen und die Plattform wie eine Zwiebel wachsen lassen“, erörtert sie das Vorgehen, „die Aufgabe ist IT-technisch und rechtlich unglaublich komplex.“
Von Anfang an integriert – das Fahrradverleihsystem ist Teil der Mobilitätsplattform. © Anja Köhler
„Wir entwickeln Lösungen, die über das Schussental hinaus anwendbar sind. Mobilität soll verbinden, nicht trennen“, betont Jenny Jungnitz, die für ihr Thema brennt. Für sie geht Zukunft nur gemeinsam: „Infrastruktur kostet unglaublich viel Geld; da müssen alle Akteure eingebunden werden. Die TWS übernimmt als kommunales Unternehmen die Federführung.“ Für die Entwicklung der Mobilitätskonzepte wirbt das Unternehmen auch öffentliche Fördermittel ein: 1,3 Millionen Euro sind bewilligt. Die Mobilitätswende ist ein wichtiger Baustein der Energiewende und viel mehr als der Umstieg von Verbrennern auf Elektroantrieb. Überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien kann beispielsweise durch Verfahren wie „Power-to-Gas“ in Gas verwandelt und als umweltschonender Treibstoff für bestimmte Zwecke eingesetzt werden, was ebenfalls zum Klimaschutz und Gelingen der Energiewende beiträgt.
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