Ein Ausflug in die Vielfalt der Natur

Biodiversität: Aktiv für Artenvielfalt

vom 14. Sep 2020
Autor: Stefan Blank
Fotos: Anja Köhler
© Anja Köhler
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Dank Landschaftserhaltungsverband und Bauernverband wurden
im Frühjahr 2020 etwa 70 Hektar Blühflächen eingesät. Knapp 130 Betriebe machten mit – ein schönes Zeichen für das Interesse an der Biodiversität in der Region.

„Seid mutig und lasst im Garten eine wilde Ecke zu!“, sagt Moritz Ott und erklärt, warum das Thema Biodiversität auch im Schussental immens wichtig ist.

Den Schachbrettfalter – immerhin Schmetterling des Jahres 2019 –, den hätte Moritz Ott jetzt noch gerne vorgestellt. Aber der ist heute wohl verhindert und hat keine Zeit, am Annaberg zwischen Baienfurt und Baindt vorbeizuschauen. Macht aber nichts, dafür kreisen Gemeine Becherjungfern über dem gerade erst angelegten Tümpel und ein paar Bläulinge flattern vorbei. Ganz zu schweigen von Bienen, Hummeln und mit ein bisschen Glück einer Blauflügeligen Ödlandschrecke. Diese steht in ganz Europa unter Schutz und wird sowohl in der Roten Liste der Schweiz als auch in der Deutschlands als gefährdet geführt. Rund um den Teich stehen unter anderem Flockenblumen, Margeriten, Schafgarben, Hornklee und Wilde Möhren. „Heimische Arten, die wir zurückbringen“, sagt Moritz Ott mit Betonung auf „heimisch“ und erklärt in zwei Sätzen, was Biodiversität bedeutet: „Hier ein Beispiel: Die Raupe des Schmetterlings mit Namen Schwalbenschwanz braucht die Pflanze Wilde Möhre als Ernährungsgrundlage. Gibt es keine Wilden Möhren, dann gibt es auch keine Schwalbenschwänze. Dieses Miteinander, diese gegenseitige Abhängigkeit, das ist Biodiversität.“

„Das Verständnis für die Natur ist oft verloren gegangen. Da müssen wir etwas tun.“ 

Moritz Ott
Biodiversitätsmanager und Wildtierökologe
Moritz Ott (33) muss es wissen: Er ist Biodiversitätsmanager beim Landschaftserhaltungsverband (LEV) Ravensburg und kümmert sich darum, dass es im und rund ums Schus-sental reichlich Vielfalt in der Natur gibt. Aber nicht nur in der Natur, sondern auch im heimischen Garten, auf städtischen Flächen und auf Parkplätzen von Industrieunternehmen. Er hat besonders den Moorfrosch im Auge, weil es hier die letzten Vorkommen der eher unscheinbaren und kleinen Froschart in Süddeutschland gibt. Er treibt das Ackerblühstreifenprojekt des Landkreises Ravensburg voran und kann als Erfolg verbuchen, dass allein im Frühjahr 2020 gut 70 Hektar Blühflächen eingesät wurden. „So vernetzen wir die Lebensräume der Arten, sorgen für Nahrung für Insekten und Vögel und steigern die Biodiversität in der hiesigen Agrarlandschaft.“
Moritz Ott beobachtet die Natur ganz genau. Und freut sich, wenn die Gemeine Becherjungfer am Tümpel haltmacht. © Anja Köhler
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„In sechs Wörtern:
Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens.“
 

Bundesamt für Umwelt BAFU / Schweiz
Seinem Arbeitgeber, dem 2014 gegründeten LEV Ravensburg, geht es um den Erhalt und die Entwicklung von Natur und Landschaft im Konsens aller Beteiligten. „Das heißt, dass wir nicht mit dem erhobenen Zeigefinger belehren, sondern mit allen Beteiligten reden und miteinander arbeiten.“ Das geht auch nicht anders, denn der LEV Ravensburg ist eine Kooperation zwischen Landnutzern, Naturschützern und Kommunen. Drei Partner mit gleichen Rechten und Pflichten. Gemeinsames Ziel: die Erhaltung und Entwicklung der Kulturlandschaft mit ihrer schützenswerten Flora und Fauna. Im Februar 2019 verkündete der Landkreis Ravensburg in Zusammenarbeit mit der Bodensee-Stiftung eine einheitliche Biodiversitätsstrategie, und die will Ott in allen Bereichen mit Leben füllen. „Da spielt es eine Rolle, ob bei Besprechungen im Landratsamt Apfelsaft von Streuobstwiesen statt Cola getrunken wird, Gemeinden könnten lenkend in ihre räumliche Entwicklung eingreifen und Firmen könnten ihr Gelände naturnah gestalten.“wird errechnet, ob das Budget für die nächste Saison gedeckt ist. Die Runde wird so oft wiederholt, bis der gewünschte Betrag erreicht ist. Jetzt kann sich jedes Mitglied pro Lieferung über sieben bis zehn Sorten Gemüse und Kräuter freuen. Darunter Basilikum und Bohnenkraut, Knoblauch und Kohlrabi, Zucchini, Zuckermais und Auberginen.
Für Biodiversitätsmanager Moritz Ott ist der Tümpel zu Füßen des Annabergs bei Baienfurt ein wichtiger „Artenhotspot“ im Lebensraumverbund des Schussentals. © Anja Köhler
Doch es gibt noch viel zu tun – auch und vor allem im privaten Bereich. „Biodiversität ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jeder sollte jetzt seinen Beitrag leisten.“ Denn das Verständnis für die Natur sei verloren gegangen. Sein Appell: „Seid mutig und lasst im Garten eine wilde Ecke mit Kräutern und Blumen zu – weg vom komplett aufgeräumten Garten!“

Etwas ganz Besonderes ist im Jahr 2020 zu Füßen des Annabergs zwischen Baienfurt und Baindt in nur drei Monaten Zusammenarbeit entstanden: ein Tümpel in einem einmaligen Naturraum und damit ein Biotop für bedrohte Arten als wertvoller Teil im Lebensraumverbund Schussental – in dem sicher auch der Schachbrettfalter vorbeischauen wird.

Gut zu wissen

  • Das Team des LEV Ravensburg engagiert sich in etlichen Projekten. Sehens- und erlebenswert ist die Website des Moorfroschprojekts: moorfrosch.info
  • Weitere Projekte: 1.000 schnittige Obstbäume, Blühender Landkreis Ravensburg, Wildpflanzen-Biogas
  • Wer Ideen zum Thema Biodiversität hat, wendet sich einfach an: Landschaftserhaltungsverband Landkreis Ravensburg e. V.
    Frauenstraße 4, 88212 Ravensburg, Tel.: 0751/85-9610
  • Reichlich Infos dazu gibt es auch auf: naturvielfalt-rv.de und auf Instagram mit @naturvielfalt.ravensburg
Making of #meinschussental Moritz Ott – Biodiversitätsmanager beim Landschaftserhaltungsverband Ravenburg © Don Ailinger

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