CO2-neutrale Wärmeversorgung im Fokus der TWS

Woher die Wärme der Zukunft kommt

vom 19. Nov. 2024
Autor: Stefan Blank
Fotos: Don Ailinger
© Don Ailinger
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Bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral werden. Dabei ist die Wärmewende der wichtigste Schritt. Denn die Gebäudewärme stellt den größten Anteil an unseren CO2-Emissionen dar. Für Ravensburg und Weingarten gilt: Die gesetzlich geforderte kommunale Wärmeplanung haben die beiden Städte erstellt, mögliche Wärmenetzgebiete sind ausgewiesen und priorisiert. Hier werden wir als lokales Versorgungsunternehmen die leitungsgebundene Wärmeversorgung weiter ausbauen – ökologisch und nachhaltig. In der Ravensburger Innenstadt entsteht dabei derzeit das größte Fernwärmenetz im Schussental, in Weingarten geht es ab 2025 los. Zudem betreiben wir kleine Netze wie in der Ravensburger Weststadt und in Wilhelmsdorf sowie mehr als 100 Wärmeanlagen in der Region. In den sogenannten Einzelheizungsgebieten, in denen wir keine großflächige Wärmeversorgung anbieten können, informieren wir über Alternativen zu Gastherme und zu Ölheizung – wie
beispielsweise den Einsatz von Wärmepumpen.
Thomas Booch ist Abteilungsleiter Wärmeservice und Energiedienstleistungen bei der TWS und weiß, wovon er spricht: „Als der Energieversorger vor Ort haben wir alle wichtigen Daten im Haus und können maßgeblich an der zukunftsfähigen Wärmeversorgung für das Schussental mitarbeiten. Dabei leistet die Fernwärme einen wichtigen Beitrag für die Verwirklichung der Klimaziele.“ Immerhin verbrauchen wir Deutsche zwei Drittel der Energie für Raumwärme zu Hause. 375.884 Tonnen CO2 erzeugten die Menschen in Ravensburg und Weingarten im Jahr 2021 allein für die Wärmebereitstellung. Eine gigantische Zahl, aber es gibt durchaus Einsparmöglichkeiten: „279.960 MWh könnten wir bei der Wärmeversorgung in Ravensburg und Weingarten einsparen, wenn wir die Wohngebäude in beiden Städten energetisch sanieren.“ Wobei allein der Einsatz von Wärmepumpen bei 80 Prozent aller Gebäude funktionieren würde.

Ab 2040 kein Erdgas mehr in Baden-Württemberg

Um Klimaneutralität zu erreichen, soll spätestens 2040 kein Erdgas mehr in Baden-Württemberg fließen, 2045 nirgendwo in Deutschland. Für Bürgerinnen und Bürger muss es also heute schon darum gehen, die eigene Immobilie zukunftsfit zu machen und eine Modernisierung
zu planen. „Wasserstoff
wird in den Verteilnetzen zum Beheizen von Gebäuden keine Rolle spielen, da der Stoff viel zu knapp und teuer ist“, erklärt Booch. „Davon ganz abgesehen, dass wir die Wärmewende regional umsetzen. Das heißt: Wir setzen zum Beispiel für die Fernwärme auf lokale Energiequellen. Dabei planen wir in den kommenden Jahren unter anderem mit Abwärme mittels einer Großwärmepumpe. Auch prüfen wir die Möglichkeiten der Tiefengeothermie.“

Thomas Booch und sein Team arbeiten maßgeblich an der zukunftsfähigen Wärmeversorgung für das Schussental mit. Das bedeutet durchaus auch, weit in die Zukunft zu schauen – und trotzdem die Menschen heute mitzunehmen und zu überzeugen. © Don Ailinger
Die Wärme für die an das Fernwärmenetz angeschlossenen Gebäude wird zukünftig in mehreren Heizzentralen aus überwiegend erneuerbaren regionalen Quellen erzeugt. Diese Anlagen sind wesentlich effizienter als dezentrale Kleinheizungen in einzelnen Gebäuden. Mit dem Bau eines zentralen Wärmeerzeugers können viele kleine Gas- und Ölheizungen in einem Schritt ersetzt werden. „Dank dieser regionalen und nachhaltigen Energieerzeugung können wir die Wärmeversorgung auch bei globalen Lieferkettenunterbrechungen sicher und bezahlbar machen.“ Nicht zu vergessen, dass der Gesetzgeber mit der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme“ die rechtlichen Grundlagen der Versorgung eindeutig geregelt hat. Alle Fernwärmeversorger sind an strenge kartellrechtliche Vorgaben gebunden, die eine missbräuchliche Preisgestaltung untersagen. „Auch hier besteht also für die Zukunft Sicherheit.“

„Fernwärme lohnt sich doppelt,
hier profitieren Umwelt und Geldbeutel.“

Thomas Booch
Abteilungsleiter Wärmeservice und Energiedienstleistungen bei der TWS

Aufbau eines Fernwärmenetzes für Weingarten

2025 beginnt der Aufbau eines Fernwärmenetzes für Weingarten. Zunächst liegt der Fokus auf dem Gebiet rund um die Talschule. Gemäß dem Kommunalen Wärmeplan sollen anschließend die Quartiere bei den Hochschulen und die Altstadt beplant werden. „Neben dem Anschluss von zentralen Großabnehmern wollen wir in den nächsten Jahren den Netzausbau der Nachfrage anpassen. Daher gehen wir zuerst Bauabschnitte an, in denen die voraussichtliche Anschlussdichte hoch ist.“ Um die Menschen in Weingarten mitzunehmen, „bekommt jeder betroffene Straßenabschnitt einen eigenen Infotermin. Da werden wir viel reden, weil bei vielen Menschen das Thema noch gar nicht präsent ist“. Aber das sollte klappen, denn „Fernwärme lohnt sich doppelt, hier profitieren Umwelt und Geldbeutel. Steigende Preise für Heizöl, Gas und die weitere Preisentwicklung der CO2-Steuer sind für twsWärme-Kund*innen also in Zukunft kein Thema mehr“.

Tiefengeothermie: CO2-neutrale Energiequelle, die nie versiegt

Ein Thema der Zukunft und längst keine Zukunftsmusik mehr ist die Tiefengeothermie. Unter dem Schussental liegt das deutsche Molassebecken. Hier besteht laut Expert*innen ein hohes Potenzial für Geothermie. „Diese Quelle wollen wir nutzen.“ Es wird erwartet, dass das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg im November die Erlaubnis ausstellt, bis Ende 2029 im Schussental nach Erdwärme zu suchen. „Dafür werden wir zunächst seismische Voruntersuchungen und Vermessungen durchführen. Und erst, wenn wir einen geeigneten Standort ermitteln konnten, könnten wir mit Bohrarbeiten beginnen.“ Diese sollten frühestens 2027 erfolgen und nach derzeitiger Planung bis in eine Tiefe von etwa 2500 Metern reichen. „Hier arbeiten wir mit Profis zusammen, die viele Jahre Erfahrung bei solchen Bohrprojekten haben.“ Thomas Booch rechnet mit einigen Millionen Euro, die die TWS investieren muss. „Gerade sind wir dabei, Gesellschafter*innen für dieses zukunftsträchtige Projekt zu finden und das nötige Kapital zu besorgen. Und wenn es funktioniert, wovon wir ausgehen, dann haben wir im Schussental eine CO2-neutrale Energiequelle, die nie versiegt. Denn wir entnehmen in einem Kreislauf ja nicht nur Wärme, sondern führen das abgekühlte Wasser wieder zurück und es wird in der Tiefe wieder erwärmt. Für die Energiewende, die wir bisher mit Sonnenenergie, Biomasse, Windkraft und Abwärme leisten, wäre das ein weiterer, ungemein wichtiger Baustein.“

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