Eines ist für Werner Hipper, Gashändler der TWS, sicher: Im Jahr 2030 werden wir nach wie vor CH4 – also Methangas – brauchen. Für die Energieversorgung, chemische Prozesse und auch für gasbetriebene Fahrzeuge. Doch das wird weniger Erdgas sein, das aus den Tiefen der Erde irgendwo auf der Welt gewonnen und per Pipeline oder mit einem Spezialtanker für Flüssiggas zu uns transportiert wurde. Nein, dieses Gas wird dann verstärkt aus erneuerbaren Energien stammen und überwiegend regional erzeugt werden. Eine Veränderung, so der Gasexperte, die für einen Umbruch des globalen Gasmarktes sorgt.
Dieser Wandel ist nicht etwa erforderlich, weil Erdgas knapp wird. Davon gibt es noch genügend Reserven. Er ist vielmehr eine der Maßnahmen, um die Klimaerwärmung zu begrenzen. Das Stichwort heißt: Dekarbonisierung. Es bedeutet, dass wir wegkommen müssen von fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas, bei deren Verbrennung klimaschädliche Treibhausgase entstehen. Der Wegfall dieser Energieträger wird durch die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien ausgeglichen. Dabei soll vor allem die Stromerzeugung aus Windenergie und Sonnenlicht ausgebaut werden. Doch gerade bei diesen beiden Energieformen kommt es naturgemäß zu Schwankungen bei der Stromerzeugung – Windstärke und Sonnenscheindauer lassen sich nicht beeinflussen. Das heißt, es gibt zwangsläufig zeitweise zu viel Strom. „Wenn wir diese Energie nicht verschwenden wollen, müssen wir einen Weg finden, sie zu speichern, bis sie gebraucht wird“, erläutert Werner Hipper. Eine aussichtsreiche Speichermöglichkeit von Strom aus erneuerbaren Energien ist beispielsweise Power-to-Gas. Bei diesem Verfahren wird mithilfe von regenerativ erzeugtem Strom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt.
„In zehn Jahren wird Gas vor allem aus erneuerbaren Energien stammen und meist regional erzeugt werden.“
Portfoliomanager bei der TWS
Gehaltvoller Stoff mit Zukunft
Wasserstoff scheint ein Stoff mit Zukunft zu sein. Der gasförmige Energieträger hat einen sehr hohen Energiegehalt und ist einfach in großen Mengen zu speichern. Die aufgenommenen Ökostromüberschüsse können so als Gas den Bereichen Verkehr und Wärme zur Verfügung gestellt werden. Das könnte auch der Mobilitäts- und Wärmewende neue Impulse geben und sie voranbringen. Denn wenn die Energiewende gelingen soll, muss in allen Sektoren der Ausstoß von Treibhausgasen verringert werden – bei Strom, Wärme und im Verkehr.
Aber man kann noch einen Schritt weitergehen und den Wasserstoff unter Nutzung von Kohlenstoffdioxid (CO2) zu Biomethan aufbereiten. Das grüne Gas kann nahezu unbegrenzt ins Erdgasnetz eingespeist und bei Bedarf vielseitig genutzt werden: Es lässt sich wieder in Strom oder Wärme umwandeln oder speichern. Man kann es auch verflüssigen und so als Treibstoff oder als Rohstoff zur industriellen Nutzung einsetzen. Ein starkes Argument für dieses Verfahren ist, dass für die Methanisierung – so nennt man diese Art der Aufbereitung zu Biomethan – Kohlendioxid aus Klärgasen oder konventionellen Kraftwerken verwendet werden kann. Diese Treibhausgase bleiben dadurch der Atmosphäre erspart.
„Morgen kommt Gas aus Sonne und Wind.“
Den Ausstoß von Kohlendioxid zu verhindern oder zumindest zu neutralisieren, ist das Gebot der Stunde. Um den bei der Verbrennung von Erdgas entstehenden CO2-Ausstoß zu neutralisieren, machen die TWS und die BUND Ortsgruppe Ravensburg-Weingarten gemeinsame Sache. Sie haben ein Gasprodukt auf den Markt gebracht, von dessen Erlösen ein Teil der Wiedervernässung oberschwäbischer Moore zugutekommt. Viele dieser Moore liegen seit Jahren trocken und werden intensiv land- und forstwirtschaftlich genutzt. Dadurch werden große Mengen an Klimagasen freigesetzt, die bei bewässerten Mooren im Erdreich gebunden wären. Wer also twsKlimagasPlus bezieht, heizt klimaneutral.
Gut zu wissen
Aussichtsreiches Verfahren: Mit Strom, der durch Wind- und Sonnenenergie erzeugt wurde, wird Gas hergestellt, das gespeichert werden kann.
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, braucht es ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Zentrale Hoffnungsträger sind Wasserstoff und Biomethan. Deren Herstellung ist im Moment zwar noch sehr teuer, das Power-to-Gas-Verfahren weit entfernt von wirtschaftlich. Werner Hipper ist aber davon überzeugt, dass die Entwicklung auch hier sehr schnell vorwärtskommt, wenn der Druck hoch genug ist. „Dass das so ist, zeigt die Geschichte“, meint der Diplom-Ingenieur und Kaufmann, der bei der TWS mit Strom und Gas handelt.
Bild 1: Werner Hipper, Portfoliomanager bei der TWS, wird in Zukunft Energie viel schneller und öfter weghandeln und zu anderen Zeiten zukaufen müssen. © Felix Kästle
Bild 2: Trockengelegte Moore setzen viel CO2 frei und tragen damit zum Klimawandel bei. Wird ein Moor wieder vernässt, sorgt das für eine deutliche Verbesserung der Klimabilanz. © istock/Instants
Gashandel der Zukunft
Das Geschäft mit Gas wird zukünftig komplett anders sein als heute. Die Aufgabe des Handels, den Gasbedarf möglichst sicher und preisgünstig zu decken, wird zwar gleich bleiben. Doch die Preisdynamik wird bei grünem Gas deutlich höher sein als jetzt, denn die Schwankung des Naturangebots wird voll auf den Preis durchschlagen. Strom- und Gasmarkt wachsen so viel enger zusammen und werden sich gegenseitig noch mehr beeinflussen. „Wenn man in diesen Märkten mitspielen möchte, sind Speicherkapazitäten notwendig. Das Ganze muss dann möglichst automatisiert ablaufen. Der Händler handelt dann nicht mehr selbst, sondern kalibriert seinen Autotrader“, erklärt Werner Hipper. Und für die Zukunft sieht er, dass mehr Verträge mit regionalen Stromerzeugern abgeschlossen werden.
Mit Gas ist also auch künftig zu rechnen. Erfolgversprechende Verfahren und Maßnahmen sorgen dafür, dass der Energieträger mit dem Klimaschutz vereinbar ist.
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